Internationales Poesiefestival Erich Fried 2025 – Tag 3

Freitag, 6.6.2025

Mit: Sirka Elspaß, Erwin Uhrmann, Sue Goyette, Michael Stravarč, Romina Nikolič,
Ramona de Jesús, Clemens J. Setz, Dimitri Strozew, Heike Fiedler, Florian Höllerer

Der letzte Tag des Poesiefestivals begann mit einer Lesung der Lyrikerin Sirka Elspaß,
gefolgt von einem Gespräch, moderiert von Erwin Uhrmann. Sirka Elspaß thematisiert
in ihrem lyrischen Debüt ich föhne mir meine wimpern sowie in ihrem kommenden
Band hungern beten heulen schwimmen den eigenen Körper als Krisenterritorium.
Dabei verbindet sie Selbstbeobachtung mit einer Analyse der Gegenwart in einer
Sprache, die Popkultur und kulturelles Erbe kunstvoll miteinander verknüpft, und sie
sucht in ihren Gedichten Trost in einer brüchigen Welt.

Es folgte eine weitere Lesung mit anschließendem Gespräch: Sue Goyette las aus ihrem
Werk Ozean. Moderation und Gespräch übernahmen Michael Stavarič und Romina
Nikolić, die den Band auch übersetzt haben. In ihrem mytho-poetischen Zyklus Ozean
erforscht Goyette das vielschichtige Verhältnis zwischen Mensch und Meer, dessen sich
ständig verändernden Grenzen die Geschichten der Küstenbewohner:innen erzählen –
welche gemeinsam mit den Übersetzer:innen im Gespräch und in den Lesungen
lebendig wurden.

Die nächste Lesung, moderiert von Anja Zag Golob, gestaltete Ramona de Jesús. Die in
Medellín geborene und zwischen Kolumbien und Indien aufgewachsene Autorin lebt
seit 2009 in Deutschland und ist Dichterin, Übersetzerin, Essayistin und Boxerin. In
ihrem Schreiben thematisiert sie ihr eigenes Leben und ihre Zeit. Sie las sowohl aus
ihrem Gedichtband Dos metros cuadrados de piel als auch aus dem bislang
unveröffentlichten Projekt Manual arqueológico del hambre, dessen Entstehung durch
ihre Arbeit an spanischen Übersetzungen von Friederike Mayröckers Gedichten
beeinflusst ist.

Den letzten Programmpunkt und somit den Abschluss des Poesiefestivals bildete die
Diskussion mit dem Titel Thesen, Trends, Rezeption und Relevanz. Poesie heute.
Moderiert von Florian Höllerer diskutierten Clemens J. Setz, Dimitri Strozew und Heike
Fiedler über die Bedeutung, Resilienz und Herausforderungen der Poesie in unserer
„verkehrten Zeit“. Dabei standen Themen wie Poesie im Exil, der Stellenwert lyrischen
Sprechens in verschiedenen Kulturen sowie der Einfluss Künstlicher Intelligenz auf das
Schreiben im Mittelpunkt. Die Kraft der Poesie als Motor zur Veränderung und
Verbesserung einer aus den Fugen geratenen Welt wurde dabei ebenso beschworen wie
die Notwendigkeit, Poesie zu übersetzen, gerade aus Sprachen, deren Länder zur Zeit
Kriegen und Krisen ausgesetzt sind, also ganz im Sinne des Gedichts von Erich Fried,
das dem Festival Titel und Thema gegeben hat.